Christian Löcker, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium in Mainz und Fribourg (CH) ein Traineeprogramm absolviert und arbeitete im Anschluss daran im Bereich Fort- und Weiterbildung sowie Training. Er stieg dann bei einer internationalen Personalberatung im Personalmarketing und der Personalgewinnung ein und wechselte von dort zur GK Unternehmens- und Personalberatung GmbH, wo er zunächst als Berater, seit 1998 als Geschäftsführender Partner, verantwortlich ist.
Die GK Unternehmens- und Personalberatung GmbH ist die führende Adresse für Recruitment in den Segmenten Unternehmenskommunikation, Marketingkommunikation, Investor Relations und Public Affairs im deutschsprachigen Raum. Mit Taylor Bennett und Heyman Associates hat das Unternehmen internationale Kooperationen in Großbritannien, den USA sowie in Singapur und China etabliert. Der Aktionsradius der Beratung reicht von der Rekrutierung auf Professional Ebene bis hin zu Managementbesetzungen. Darüber hinaus berät das Unternehmen bei internen Auswahlprozessen für die genannten Funktionsbereiche.
Welche Werte haben für Sie besondere Bedeutung und warum?
Respekt, Integrität und Mitgefühl gehören für mich zu den wichtigsten Werten. Das Miteinander von Menschen funktioniert aus meiner Sicht nur auf der Basis von gegenseitigem Respekt, dem gebotenen Maß an Klarheit und der Fähigkeit, die Perspektive, Wertstellungen und auch die Grenzen des Gegenübers zu verstehen. Auf diese Weise entwickelt sich ein von Vertrauen und Anerkennung geprägtes Umfeld.
Integrität beschreibt jene Haltung, die man, ein wenig altmodisch, auch Rechtschaffenheit nennen kann. Im Grunde genommen geht es um die Einheit von Wort und Tat. Was übrigens durchaus die Möglichkeit zulässt, seinen Standpunkt zu ändern. Integrität wird sonst leicht mit Prinzipienreiterei verwechselt – was für manche auch ein Orientierungswert zu sein scheint, der Zusammenleben und Übereinstimmung aber oft unmöglich macht. Respekt und Integrität schaffen auch konstruktive Grundlagen für einen klaren Umgang mit Konflikten und eröffnen Räume für Vermittlungsfähigkeit. Viel zu wenig Aufmerksamkeit schenken wir noch immer dem Thema Mitgefühl. Damit beschreibe ich keine konsequenzbefreite Gefühlsduselei, sondern das Mitgehen in schwierigen Lebenssituationen und das Angebot zu Helfen und Handeln. Leider verbinden einige den Begriff mit Herablassung oder Schwäche. Mitgefühl spielt auch in der Führung von Menschen eine Rolle.
Mit welchen Werten kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich am Markt agieren? Bringt Wertschätzung auch Wertschöpfung?
Erfolg ist ja zunächst auch schon ein Wert. Erfolg bietet Spielräume für Einfluss, Gestaltung und Wirksamkeit. Natürlich gehört Leistungsorientierung und ein geklärtes Verhältnis zu Macht und Verantwortung dazu.
Langfristig kann sich ein Unternehmen, davon bin ich überzeugt, nur behaupten, wenn es sich an Werten orientiert, die ethisch vertretbar sind und den moralischen Normen entsprechen. Sonst verliert wirtschaftlich erfolgreiches Handeln die gesellschaftliche Akzeptanz und gefährdet seine eigene Grundlage. Konkret gesprochen: Gute Führung und stabile Geschäftsbeziehungen brauchen Vertrauen und wenn das erst einmal erschüttert ist, braucht es viel Zeit und Energie, um es wieder aufzubauen.
Ein gutes Beispiel für erfolgreiches Wertemanagement ist der Umgang mit Verschiedenheit. Auf Seiten der Wirtschaft wurde viel nachgedacht, diskutiert, investiert und umgesetzt. Das dahinterliegende Konzept von Respekt und Chancengleichheit ist nicht nur ethisch geboten, es erweist sich auch als produktiv.
Die Digitalisierung schreitet voran. Brauchen wir neue Werte in unserer neuen digitalen Welt, die gerade mit einer unglaublichen Schnelligkeit unser aller Leben verändert?
Unternehmerisches Handeln hat sich durch die Digitalisierung bereits stark verändert und verändert sich auch weiterhin in einem hohen Tempo. Das hat Anpassungsprozesse zur Folge, die wir derzeit noch gar nicht hinreichend definieren können.
Dennoch glaube ich nicht, dass wir im Zuge der Digitalisierung neue Werte brauchen. Aber wir müssen unsere bestehenden Werte auf die neue digitale Welt anwenden. Derzeit beobachte ich immer wieder Konflikte mit bereits bestehenden Werten, weil wir auf die Frage, wie wir in der digitalen Welt leben und arbeiten wollen, noch keine endgültigen Antworten gefunden haben. Das beginnt beim Respekt anderen Personen und Institutionen gegenüber, gilt aber auch einfach im Hinblick auf die Schnelligkeit des Urteils, die uns digitale Kommunikation abverlangt. Die Neigung zu boshaftem Tratsch und Herabsetzung von Menschen, die sich im Netz verbreitet, ist offensichtlich sehr bedenklich und hat unmittelbare politische Konsequenzen. Diese Form der Enthemmung läuft unseren ethischen Grundlagen zuwider. Es ist mit einem Wort gesagt unanständig. Woran es fehlt, ist eine digitale Etikette, die den Nutzern entsprechend vermittelt wird.
Werteerziehung gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Mit welchen Wertvorstellungen gehen junge Menschen heute ins Leben und sind diese Wertvorstellungen zukunftsfähig?
Ich denke, dass ein Großteil der jungen Menschen ein stabiles Wertegerüst hat und eine klare ethische Verortung. Mitunter beobachte ich, dass es dabei vor allem um die gute Einstellung geht, manchmal weniger um konkretes Handeln. Das finde ich etwas korrekturbedürftig.
Oft fehlt es Jugendlichen an der konkreten Berührung mit anderen sozialen Lebenswirklichkeiten. Das führt zu einer etwas geschlossenen Perspektive. Die größte Gefahr die hier entsteht, ist soziale Trägheit oder Selbstzufriedenheit, sowohl was die eigene Entwicklung angeht, wie auch die aktive Weiterentwicklung anderer.
Allerdings macht mich Verallgemeinerung auf eine ganze Generation angewendet nervös. Die Generation X muss ja mit einer Vielzahl von Attributen leben, die der Überprüfung nicht standhalten.
Korruption, Ränkeschmiede, Vetternwirtschaft: ein Blick auf die globalisierte Welt stärkt nicht gerade das Vertrauen in funktionierende Wertesysteme. Wie können wir in unserer alles andere als perfekten Welt, Werte erfolgreich leben?
Werte entstehen aus einem Diskurs heraus. Das gilt nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Staaten und Institutionen. In einer globalisierten Welt, stellt uns das vor große Herausforderungen, weil die kulturellen Kontexte und historischen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sind und das, was in einem Land als gut bewertet wird, in einem anderen inakzeptabel ist. Unsere latente Überzeugung der Universalisierbarkeit von Werten wird oft als „kolonial“ bewertet. Hier hilft wieder ein respektvoller Umgang weiter, aber auch Klarheit des eigenen Standpunkts und die Energie, diesen mit Überzeugung zu vertreten und die Konsequenzen zu akzeptieren. Führungskräfte müssen eine Vermittlungsleistung erbringen.
Ich halte in diesem Zusammenhang auch nichts von Rigorismus. Den beobachtet man ja auch zunehmend. Eine solche Haltung ist erstens fast immer überheblich und führt genau zum Gegenteil.
Welche Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, hat für Sie wirklich Vorbildfunktion und wenn ja, warum?
Papst Franziskus beeindruckt mich sehr. Selbst in schwierigen Situationen zeigt er sich unerschrocken und klar. Er hat den Mut, Dinge zu verändern, ohne den Wert von Traditionen aufzugeben. Zugleich aber stellt er sich immer wieder selbst zur Disposition und scheut den Diskurs nicht. Das macht ihm sicherlich nicht nur Freunde, aber er hält Widerspruch aus, entscheidet jedoch kraftvoll aus einer hohen inneren Unabhängigkeit heraus. Ich habe tatsächlich den Eindruck: hier geht es jemandem um die Sache.
Dieses Interview führte die Journalistin Christiane Harriehausen.